Gedanken zum Volkstrauertag

Nachfolgend die Worte des Elzer Bürgermeisters Rolf Pfeiffer (mit freundlicher Genehmigung) anlässlich der Kranzniederlegung zum heutigen Volkstrauertag. Sie sollten uns alle zum Nachdenken anregen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, am heutigen Volkstrauertag erinnern wir uns an die Kriegstoten und die Opfer von Gewaltherrschaft. lm Namen der Stadt Elze begrüße ich Sie alle zu der diesjährigen Gedenkstunde. lch danke lhnen, dass Sie sich die Zeit nehmen, dass wir gemeinsam in Elze diesen Tag begehen. lch möchte meinen herzlichen Dank an das Blasorchester Elze richten, die unsere Gedanken musikalisch begleiten und unterstützen.

Der Volkstrauertag ist ein Gedenktag, mit dem viele Menschen in unserer heutigen Gesellschaft nichts mehr anzufangen wissen, weil sie den Sinngehalt dieses Tages nicht kennen. Nicht nur junge Menschen haben mit diesem Tag große Schwierigkeiten. Volkstrauertag, das hat doch irgendetwas mit Krieg, mit Soldaten, mit Schicksalen, mit den Erlebnissen einer anderen Generation, mit Vergangenem, mit Tod und Trauer zu tun; so lauten viele Antworten auf die Frage nach dem Sinn und der Bedeutung des Volkstrauertages.

Stimmen diese Antworten denn nicht ? Haben wir etwa etwas in dieses neue Jahrhundert mitgenommen, was eigentlich Geschichte des vergangenen Jahrhunderts sein sollte? Brauchen wir, nachdem wir zum Glück keinen Krieg in unserem eigenen Land hatten, überhaupt noch einen Volkstrauertag? lst der Volkstrauertag tatsächlich etwas Altmodisches, Verstaubtes und Vergangenes des zwanzigsten Jahrhunderts, dass in unserem Jahrhundert keinen Platz mehr hat ? Das sind sicherlich Fragen die sich viele stellen, die sich nicht näher mit dem Volkstrauertag beschäftigt haben, seine Bedeutung nicht kennen. Bedenkt man aber, dass niemals in der Geschichte der Menschheit so viele Menschen Opfer von Kriegen, brutaler Gewalt und Terroranschlägen geworden sind, wie im vergangenen und diesem Jahrhundert, stellt sich die Frage vielleicht anders. Über 55 Millionen Menschen starben allein im 2. Weltkrieg, mit den heutigen Massenvernichtungswaffen könnten in kürzester Zeit noch mehr Menschen getötet werden.

Die 55.293.500 Toten allein des 2. Weltkrieges sind eine unvorstellbar große Zahl, die unser Vorstellungsvermögen übersteigt. Wie kann man sich diese Zahl veranschaulichen, greifbar machen? Stellen Sie sich vor, jeweils 50 Menschen stehen nebeneinander in einer Reihe, hinter ihnen stehen eng gedrängt wieder 50 Menschen und das setzt sich sofort über 1 Million Mal, da stünde dann eine Totenlegion nach der anderen auf einer Strecke nach über 1.000 km, die von den Alpen bis an die Nordsee reicht. All diese Menschen unterschiedlichster Nationalität hatten Wünsche und Hoffnungen auf eine Zukunft, die aufgrund menschenverachtender Politik brutal zerstört wurden. Millionen von Frauen litten nach dem Tod ihres Mannes Not und mussten ihre Kinder allein erziehen. Millionen Kinder haben ihren Vater nie kennengelernt und mussten ohne ihn aufwachsen. Millionen Menschen mussten in Bombennächten oder auf der Flucht ihr Leben lassen.

4 Millionen starben an den Kriegsfolgen im KZ oder als Zwangsarbeiter, viele von ihnen haben auf den Kriegsgräbern des Volksbundes Deutscher Kriegsgräbervorsorge ihre letzte Ruhestätte gefunden; sie sind Mahnung zum Frieden. Der Volkstrauertag ist notwendig, gibt er doch den Menschen die Möglichkeit innezuhalten, sich wieder einmal die Folgen von Krieg und Gewalt zu vergegenwärtigen, die eigene Haltung zu überdenken und an die Verantwortlichen, die Politiker, manche Partei und jeden einzelnen zu appellieren, andere Wege einer Konfliktlösung zu finden. Der Volkstrauertag unserer Zeit ist kein Heldengedenktag, nämlich nicht Kriegshelden stehen im Mittelpunkt, sondern die Kriegsopfer.

Die Opfer von Gewalt und Terror und das sind neben den Soldaten auch Männer, Frauen und Kinder, Zwangsarbeiter, Verfolgte und Vertriebene und in den Gefangenenlagern und KZ’s verstorbene Menschen. Deshalb gelten die Erinnerungen, das Gedenken und die Trauer an diesem Tag, allen Opfern von Krieg und Gewalt. Der Volkstrauertag gibt uns allen die Gelegenheit, über Vergangenes nachzudenken und öffnet gleichzeitig den Blick für die Gegenwart und Zukunft. Sehen wir den Volkstrauertag als ein wichtiges Erbe an, benutzen wir ihn zum Atem holen, zum Nachdenken über Krieg und Gewalt, über uns und unsere Mitmenschen in Europa und in der Welt und freuen wir uns darüber, dass wir in einem Land ohne Krieg leben, daran müssen wir uns erinnern und die Erinnerung an unsere Jugend weitergeben, nur so können wir aus den Fehlern der Vergangenheit langfristig Iernen und unsere Zukunft in Frieden und Freiheit bewahren.